Herr Rechtsanwalt Brück von Oertzen von der Kanzlei Wolter-Hoppenberg trägt den aktuellen Stand zu einer möglichen Netzübernahme vor. Die PowerPoint-Präsentation ist als Anlage dem Protokoll beigefügt.

 

Herr Brück von Oertzen erinnert an die erste Informationsrunde vor den Sommerferien in der Gemeinde Senden. Die Ausschreibung zur Suche eines geeigneten strategischen Partners werde nächste Woche im Europäischen Amtsblatt veröffentlicht. Darüber hinaus sei auch eine Datenanfrage bei den „alten Versorgern“ angefordert. Sollten alle acht Kommunen Versorgungsnetze übernehmen, würde das 40 bis 50.000 Netzkunden bedeuten. Damit sei auf jeden Fall eine Wirtschaftlichkeit gegeben. Die Netzgesellschaft benötige zum einen eine GmbH & Co. für den Betrieb, zum anderen eine kommunale Holding für die anderen Aktivitäten, wie zum Beispiel Breitbandverkabelung. Das Geschäftsmodell sei bereits initiiert, jetzt gehe es um einen Einstieg in die Partnersuche. Hierbei sei es wichtig zu eruieren, was der einzelne Bewerber eigentlich anbiete. Der Markt habe sich in den letzten zwei Jahren weiter entwickelt. Selbst die RWE sei mittlerweile zu einer Minderheitsbeteiligung bereit. Nach allem, was man bisher sagen könne, sei der Weg immer noch genau der richtige. Der zukünftige Partner müsse das Know-how und auch Geld mitbringen und damit eingebunden werden.

 

Zur Festlegung einheitlicher Vergabekriterien habe ein Workshop mit allen beteiligten Bürgermeistern stattgefunden. Es handele sich hierbei um eine Kombination von Preis und Einsatz. Die Ausschreibung sei damit keine reine Preisabfrage, sondern es gehe auch um eine Refinanzierbarkeit des Vorhabens. Die Konzessionsverträge seien immer noch nicht alle ausgelaufen, aber der überwiegende Teil ende zum 31.12.2011, das sei ein gutes Datum für einen optimalen Einstieg, da für die Verträge dann noch genügend Zeit bliebe. Er stelle sich das so vor, dass drei bis maximal fünf Unternehmen ausgewählt würden, mit denen man dann nach der Ausschreibung weiter verhandeln könne. In ca. zehn Monaten müsste dann auch der Partner feststehen.

 

Herr Brück von Oertzen ergänzt, dass dieses im Übrigen die erste Ausschreibung dieser Form in Deutschland sei, die europaweit ausgeschrieben werde. Als nicht optimal verlaufen nennt er das Beispiel der Stadt Puhlheim, die ein gemeinsames Stromnetz mit „Viola“ betreibe und mittlerweile fünf Gerichtsverfahren führen würden. Es sei sicherlich angenehmer, solche Fragen im Vorfeld anhand einer europaweiten Ausschreibung zu klären.

 

Das Ausschreibungsverfahren sei ein zweistufiges Verfahren:

-     zum ersten ein Teilnahmewettbewerb, wo ca. mit zehn Bewerbungen gerechnet werden könne,

-     zum zweiten das Verhandlungsverfahren, in dem die Bewerber auch eigene Vorschläge machen sollen.

 

Er konkretisiert den Workshop der Bürgermeister, in dem die Zielsetzungen des Projektes formuliert worden seien. Es gehe um kommunalen Einfluss, um langfristige Rentabilität, um Refinanzierung, um Arbeitsplätze vor Ort und so weiter. All diese Anforderungen mussten in ein Verhältnis gesetzt werden mit zum Beispiel der Konsequenz, je mehr Gewinn, umso mehr Risiken und damit umso weniger kommunalen Einfluss. Es sei eine homogene Entscheidung gefunden worden mit folgender Gewichtung:

 

-     Refinanzierung                   60 %

-     kommunaler Einfluss         22 %

-     langfristige Rentabilität       18 %

 

Die Zusatzchancen aus dem Vertrieb seien nicht Gegenstand der Ausschreibung.

 

Ebenfalls solle eine Vertriebsgesellschaft ausgeschrieben werden für Gas und Strom. Zurzeit gebe es hier pro Kunde eine jährliche Gewinnmarge von 50 bis 100 Euro. Bei einer Beteiligung der Kommunen bliebe davon ca. die Hälfte, wobei das Mengenrisiko der Partner übernehmen müsse.

 

Zum Zeitplan rechnet Herr Brück von Oertzen damit, dass der Teilnahmewettbewerb Ende des Jahres 2010 abgeschlossen werde und das anschließende Verhandlungsverfahren bis Mai oder Juni 2011 dauern könne. Danach sei noch Zeit für die Verträge, die dann ab 01.01.2012 wirksam werden könnten.

 

Herr Theis erinnert daran, dass es bei der Informationsveranstaltung in Senden die klare Verabredung gegeben hätte, dass auch die Räte an den Zielsetzungen im Projekt beteiligt werden sollten. Das sei bis heute nicht geschehen. Das gleiche gelte ebenso für die Festlegung von Prämissen. Es habe bisher keine Gelegenheit gegeben, andere Gewichtungen vorzunehmen. Auch ein möglicher Vertrieb sei dem Rat bis heute nicht vorgestellt worden. Diese Vorgehensweise sei aus seiner Sicht nicht o. k. Man könne nicht zum einen den Räten sämtliche Informationen vorenthalten und zum anderen aber anhand eines Ratsbeschlusses die Verantwortung den Räten dann wieder übertragen.

 

Herr Brück von Oertzen weist darauf hin, dass die Räte in den acht beteiligten Kommunen jeweils Grundsatzentscheidungen getroffen hätten mit einem ja zur Netzgesellschaft und ebenfalls mit einem ja zur Netzbetriebsgesellschaft. Ebenso sei dem Rat das letzte Entscheidungsrecht vorbehalten, allerdings sei ein solch aufwändiges Verfahren nicht mehr leistbar, wenn alle acht Räte im Detail mit entscheiden müssten.

 

Herr Bergmann ergänzt, dass zwei Informationsveranstaltungen für Ratsmitglieder angeboten worden seien, darüber hinaus mit der Zusicherung, im weiteren Verfahren breit zu informieren und das Verfahren transparent darzustellen. Es sei aus seiner Sicht wichtig, im weiteren Verfahren breit zu informieren.

 

Herr Geiser stellt die Frage an Herrn Brück von Oertzen, wo der Vorteil für den einzelnen Bürger liege. Schließlich investiere die Gemeinde Nordkirchen für einen solchen „Testlauf“ immerhin 25.000 Euro.

 

Herr Brück von Oertzen berichtet, dass die strategische Entscheidungen der Räte in den letzten Jahren immer weniger geworden seien. Jetzt sei die Chance da, strategisch zu lenken. In der jetzigen Situation sei gar keine Einflussnahme möglich. Zum Beispiel könne man gut für eine lokale Umweltpolitik politische Maßstäbe setzen. Auch dürfe man nicht vergessen, dass die Netze nach 20 Jahren wieder verkaufbar seien. Seine Abschätzung gehe dahin, dass der Strom in fünf Jahren doppelt so teuer sei wie heute. Insgesamt sehe er das Gesamtvorhaben daher als sehr positiv.