Herr Bergmann bittet Herrn Aufleger, die aktuellen Rechtsgrundlagen und Planungsebenen zu erläutern.

 

Herr Aufleger stellt anhand einer Präsentation den aktuellen Stand im Bereich Windenergie vor.


Wesentliche Äußerungen in seiner Präsentation sind:

 

1)         Der kürzlich geänderte Landesentwicklungsplan (kurz: LEP) gibt sog. „Grundsätze“ vor. Diese Grundsätze sind in der dann noch folgenden Abwägung zumindest zu berücksichtigen, aber nicht zwingend zu beachten,
Stichwort: 1.500 m Abstand zu Wohnsiedlungen.

 

2)        Der Regionalplan definiert auch sog. „Ziele“, die von den Kommunen zwingend zu beachten bzw. auch zu übernehmen sind. Ziel 1 ist es, bestimmte von der Regionalplanung definierte Windvorranggebiete in die Bauleitplanung der Kommune zu übernehmen. Für die Gemeinde Nordkirchen ist im Regionalplan ein Windvorranggebiet nordöstlich des Golfplatzes an der Münsterstraße definiert. Gem. § 1 Abs. 4 BauGB sind die Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung anzupassen. Dem ist die Gemeinde Nordkirchen bisher nicht nachgekommen.

 

3)        Der gemeindliche Flächennutzungsplan ist zwar wirksam, könnte aber im Fall einer Klage für rechtswidrig erklärt werden. Herr Aufleger erinnert an das „Haltern-Urteil“ aus 2017, in dem das Oberverwaltungsgericht einen „Ewigkeitsfehler“ festgestellt hat. In der Schlussbekanntmachung ihres Flächennutzungsplanverfahrens zur Windkraft wurde nicht ausreichend dargelegt, wo auf dem Stadtgebiet nun Windvorranggebiete ausgewiesen sind und wo nicht. Das OVG Münster folgerte daraus, dass es für die Darstellung von Konzentrationszonen wie bei einem B-Plan auch der Ausfertigung und einer genauen Beschreibung des räumlichen Geltungsbereiches der Konzentrationszonenplanungen im Flächennutzungsplan bedarf. Es muss durch Karten und/oder verbal in der Bekanntmachung deutlich werden, wo die Wirkungen einer Konzentrationszonenplanung eintreten. Der 2. Senat des OVG verlangt auch eine kartographische Darstellung der Zonen. Es ist anzunehmen, dass eine Vielzahl von Kommunen in deren Planverfahren nachbessern muss. Es ist nicht auszuschließen, dass der wirksame FNP aus 1997 auch an diesem „Ewigkeitsfehler“ leidet. Die damalige Bekanntmachung der Genehmigung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Nordkirchen leidet nach Auffassung der Verwaltung auch unter diesem Fehler.

 

4)        Wenn ein Investor heute plane, einen BImSchG-Antrag zur Errichtung von Windkraftanlagen bspw. nördlich des Golfplatzes beim Kreis Coesfeld als Baugenehmigungsbehörde einzureichen, würde der Kreis Coesfeld den Antrag aufgrund des derzeit im FNP nicht dargestellten Windvorranggebietes ablehnen. Gegen den Ablehnungsbescheid könnte der Investor Klage einreichen. Im Klageverfahren würde dann inzident der Flächennutzungsplan geprüft werden. Es wird angenommen, dass der FNP für rechtswidrig und damit unwirksam eingestuft wird aufgrund des o.g. „Ewigkeitsfehlers“.

 

In diesem Moment könnte das gesamte Gemeindegebiet, natürlich unter Wahrung der öffentlich rechtlichen Belange, wie z.B. Naturschutz, für die Errichtung von Windkraftanlagen „offen“ sein. Der Investor hätte also Artenschutz, Naturschutz, Nachbarschutz, etc. zu beachten, jedoch würden der Windkraft grundsätzlich deutlich mehr Flächen zur Verfügung gestellt werden, als bei einer fundierten gemeindlichen Planung, die dann Windkraftanlagen lediglich in bestimmten konzentrierten Bereichen der Gemeinde zulässt.

 

Herr Appel fragt nach, wie groß die Flächen hier in Nordkirchen sein müssen, damit die Gemeinde Nordkirchen ausreichend „substanziellen Raum“ zur Verfügung stellt.

 

Herr Aufleger erklärt, dass sich der substanzielle Raum nicht genau definieren lässt, da die Gegebenheiten in den Kommunen völlig unterschiedlich sind. Die Gerichte sind aber inzwischen der Auffassung, dass dieser auszuweisende Raum bei etwa 10 % liege.

 

Auf die Frage von Herrn Lübbert, ob zeitnah eine öffentliche Info-Veranstaltung zum Thema Windkraft stattfinden könnte, erklären Herr Bergmann und Herr Klaas, dass zunächst aus der Politik das Signal kommen sollte, ob die Planungen zu Windkraft wieder aufgenommen werden sollen. Eine Informationsveranstaltung ohne neue Erkenntnisse und überarbeitete Planung halte man für nicht zielführend.

 

Herr Bergmann stellt klar, dass die Verwaltung eine unabhängig von Investoren rechtssichere Windkraftplanung anstrebe.

 

Herr Stierl stellt aus seiner Sicht die Kernfrage, ob der aktuelle Flächennutzungsplan für den Bereich Windkraft rechtssicher sei. Aus seiner Sicht ist der FNP rechtlich nicht mehr haltbar. Es bestehe, wie im Vortrag dargelegt, das Risiko, dass das OVG den gemeindlichen FNP für unwirksam erklärt. Die Gemeinde hat nicht das Ziel, Windkraftanlagen auf dem gesamten Gemeindegebiet zulassen zu wollen, sondern in eigener Regie über Konzentrationszonen zu steuern.

 

Herr T. Quante erklärt, dass sich die Rechtsprechung des OVG auf eine bestimmte Kommune und ganz individuelle Gegebenheiten dort bezieht. Der aktuelle Flächennutzungsplan ist weiterhin wirksam.

 

Herr Aufleger entgegnet, dass ca. 90 % aller Kommunen einen solchen Fehler in der damaligen Schlussbekanntmachung ihres Flächennutzungsplanes gemacht haben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Schlussbekanntmachung der Gemeinde Nordkirchen unter diesen damals noch nicht zu erkennenden Fehler ebenfalls leidet.

 

Herr Klaas stellt klar, dass die Gemeinde gut daran tue, wieder in die Windkraftplanung einzusteigen. Die Gemeinde hat nach § 1 Abs. 4 BauGB die Pflicht, die Bauleitpläne an die Raumordnung anzupassen. Das OVG hat in diesem Fehler einen Grundsatz erkannt, der für die meisten Kommunen nun von großer Bedeutung ist.

 

Es gebe von privaten Investoren derzeit die ernste Absicht, Windkraftanlagen auf dem Gemeindegebiet zu errichten. In einem ersten „Scoping-Termin“ mit dem Kreis Coesfeld als Genehmigungsbehörde, den entsprechenden Fachbehörden, dem Investor und der Gemeinde wurde über konkrete Windkraftanlagen und Standorte gesprochen.

 

Herr Geiser erklärt, dass sich die CDU eine rechtssichere Aussage wünsche, zu der Wirksamkeit bzw. Rechtssicherheit des gemeindlichen Flächennutzungsplanes. Des Weiteren sei aus Sicht der CDU die Frage zu klären, ob das „Haltern-Urteil“ aus 2017 hinsichtlich des o.g. „Ewigkeitsfehlers“ auch auf den Flächennutzungsplan der Gemeinde Nordkirchen anwendbar ist. Die CDU bittet, diese beiden Fragestellungen bis zur nächsten Sitzung dieses Ausschusses im Dezember 2019 gutachterlich prüfen zu lassen.

 

Herr Bergmann und Herr Klaas werden einen Fachanwalt für Baurecht zu diesen Fragestellungen kontaktieren und ihn bitten bis zur nächsten Sitzung ein entsprechendes Gutachten zu verfassen und hierzu in der Sitzung zu referieren.